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Sich ins Leben hineingeben

Interview: Tanja Metz 19.04.2024

Wachsen, aufbrechen und aufblühen, das können nicht nur Pflanzen. Übertragen ist das auch ein Thema für uns Menschen. Damit beschäftigt sich Simone Steffen-Brändle beruflich.


Simone, du bist schon lange mit Menschen in verschiedenen Situationen unterwegs. Kannst du etwas über die verschiedenen Formen der Begleitung erzählen, denen du begegnest?

Derzeit ist Begleitung auf den verschiedensten Ebenen ein Thema. Da ist zum einen die familiäre Situation, in der eine gewisse Form von Begleitung gegenüber meinen Kindern und zum Beispiel auch gegenüber meiner Mutter in Alltagsfragen stattfindet. Im beruflichen Kontext ist es die Klassenassistenz in der Oberstufe und das Coaching innerhalb der For-Modula Ausbildung. Dort fliessen auch Anteile des intermedialen Coachings ein.



Was sind die Hauptfaktoren, damit Menschen wachsen und aufblühen können?

Was mir sofort in den Sinn kommt, ist das Zuhören. Fragen und Zuhören. Wie geht es dir? Was ist bei dir gerade los? Was könnte dir jetzt helfen? Und dann geht es darum, wirklich hinzuhören, um nicht das zu hören, was ich hören möchte. Dafür muss man verschiedenen Spuren folgen: hören, was derjenige sagt und wahrnehmen, was dahinter oder darunterliegt. Dem nachzuspüren muss Raum und Zeit gegeben werden. Um beim Bild der Pflanze zu bleiben: Wenn man will, dass etwas wächst, bringt es nichts an der Blumenzwiebel zu ziehen und sie damit auszureissen.


Wie kann man sich eine solche Situation ganz konkret vorstellen?

Ganz konkret heisst das: fragen und warten. Und dann gibt es natürlich Methoden, mit denen man im Einzelsetting arbeitet. Ich wende Übungen an, mit denen sich die andere Person ausdrücken kann, ohne dass Worte im Zentrum stehen. In den letzten Wochen hatte ich eine Schülerin, die immer wieder von Klassenkameraden angefasst wurde. Es war nicht klar, ist das nun okay oder nicht. In einem Rollenspiel ging es darum herauszufinden, wie nah dürfen ihr die Jungen kommen. In diesem «so tun als ob-Spiel» konnte sie eine eigene Haltung finden. Im folgenden Gespräch wurde besprochen, was es noch für den Alltag braucht. Das sind ganz kurze Übungen von 10–15 Minuten, die eine konkrete Situation in den Blick nehmen und einen Impuls geben. Wobei es mir wichtig ist, dass nicht ich die Lösung habe, sie ist immer im Gegenüber angelegt.


Welche Rolle spielt das Wohlbefinden, damit der Prozess des Wachsens und Aufblühens passieren kann?

Das spielt eine grosse Rolle. Dazu gehört für mich Vertrauen, Ehrlichkeit und das Wissen um einen Rahmen. Dieser muss Sicherheit geben und auch die Gewissheit, dass das Setting ein Ende hat.


Hast du für Menschen, die für die eigene Potenzialentfaltung auf der Suche sind, Ideen?

Eigentlich kann ich da nur von mir reden. Das heisst, die Ideen können Impulse sein: Mir ist es wichtig, ab und an zur Ruhe zu kommen. Mich ganz bewusst ins Leben hineinzugeben ohne zu grosse Angst vor Fehlern. Wirklich wichtig ist es mir auch, hinzuschauen und bei Bedarf externe Begleitung zu holen. Das darf man sich doch wert sein.

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