Eine Quelle der Kraft und des Zusammenhalts
Rebekka Dahinden 14.10.2025

Was mit einer Familientradition begann, ist für Rebekka Habermacher heute Herzenssache: Seit drei Jahren leitet sie die Wallfahrt nach Werthenstein.
Frau Habermacher, wie kamen Sie zur Wallfahrt?
Ich kenne die Wallfahrt nach Werthenstein, seit ich in Oberkircher Berg wohne. Über meine Schwiegerfamilie bin ich dazu gekommen, und seither ist es unsere Familientradition. Seit 20 Jahren nehme ich nun an der Wallfahrt teil, und obwohl viel läuft, nehme ich mir dafür immer gerne Zeit.
Seit drei Jahren organisieren Sie nun auch die Wallfahrt nach Werthenstein.
Ich habe Hedi Troxler kennengelernt, die lange Zeit die Wallfahrt organisiert hat. Altersbedingt konnte sie die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Sie fragte mich an, ob ich mithelfen würde – und da konnte ich nicht Nein sagen. 2022 bin ich mit ihr zusammen eingestiegen, danach habe ich die Organisation alleine übernommen. Sie hat alles gut dokumentiert und mir übergeben, so bin ich reingewachsen.
Klingt nach einer reibungslosen Übergabe, von einer Generation zur nächsten.
Ja, das war es auch. Was mir allerdings zunächst Sorgen bereitet hat, war der Rosenkranz. Wir hatten ihn in der Schule schon gelernt, aber ich hatte das Gebet nicht mehr «intus». Ich habe mir dann bei YouTube Rat geholt, und eine Nachbarin hat mir ebenfalls geholfen. Da war ich sehr nervös. Aber nun ist Stephan Stadler seit zwei Jahren dabei, er hat das Vorbeten übernommen, nun bin ich etwas gelöster (lacht).
Sie dürfen bei der Organisation auf Unterstützung von anderen zählen. Wie geht Ihr der Planung vor?
Meistens bereite ich alles vor und nehme dann Kontakt mit jenen auf, die bei der Wallfahrt mithelfen. Wir haben, neben der Car- eine Fuss- sowie neu auch eine E-Bike-Wallfahrtsgruppe. Jedes Jahr frage ich die Gruppenleitenden jeweils: Machst du wieder mit? Ist der Plan so für dich in Ordnung?
Auch die Ausschreibung ist wichtig, damit die Leute wissen, dass die Pfingstwallfahrt wieder stattfindet. Die Anmeldungen laufen jeweils über das Surseer Pfarramt, und ich leite sie den einzelnen Gruppenleitern weiter. Ich selbst bin jeweils bei der Car-Gruppe dabei.
Was natürlich auch noch dazu gehört, sind die Absprachen mit Priester Stephan Stadler, die Reservation des Cars sowie des Restaurants.
Wie gross ist eure Wallfahrtsgruppe?
Das sind immer ca. 45 Personen. Die Zahlen sind zwar rückgängig, aber ich kann immer wieder Leute motivieren. Es ist immer ein fröhlicher Anlass. Manchmal hat man mit Nachbarn nicht so viel Kontakt, aber durch die Wallfahrt kommt man wieder ins Gespräch. Das ist wichtig –Gemeinschaft soll auch Platz haben.
Dieses Jahr zog ein Mann, der immer an der Wallfahrt teilnahm, ins Altersheim. Sein Sohn rief mich an und fragte, ob ich nicht etwas arrangieren könne – sein Vater möchte gerne wieder mitkommen. Ich holte ihn daraufhin im Altersheim ab. Es ist wichtig, dass man zu den Teilnehmenden Sorge trägt; sie schätzen es sehr. Auch jene, die nicht mehr mobil sind, sollen teilnehmen können. An der Organisation soll es nicht scheitern.
«Der Jüngste ist mit dem Mofa nach Werthenstein gekommen!»
Für all diejenigen, die noch nie auf einer Wallfahrt waren – wie sieht euer Programm aus?
Nach der Anreise – mit dem Car, zu Fuss oder per E-Bike – findet ein Gottesdienst statt. Anschliessend gehen wir ins Klösterli, dort gibt es Kaffee mit Gipfeli. Meistens sind wir um 10.30 Uhr schon wieder im Car auf dem Heimweg.
Es ist eigentlich nur eine kurze Zeit, die wir gemeinsam unterwegs sind. Der Ablauf ist bekannt und eingespielt, die Teilnehmenden schätzen das sehr.
Haben Sie einen Lieblingsmoment bei der Wallfahrt?
Ein Highlight ist immer, wenn die Fusswallfahrtsgruppe eintrifft. Sie legen einen langen Weg zurück – wir freuen uns jeweils sehr, wenn sie zu uns stossen. Das Kloster, imposant hoch im Felsen gelegen, ist ebenfalls ein besonderer Ort. Wenn wir alle gemeinsam in die Kirche einziehen, ist das ein wunderbarer Moment. Und natürlich ist auch das anschliessende Kaffeetrinken für viele ein Höhepunkt.
Gibt es ein Erlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Ein Nervenkitzel ist es jedes Mal, wenn der Car durch die engen Gassen beim Kloster fahren muss. Dass der Chauffeur das immer schafft – da staunen wir jedes Mal!
Auch die Begegnungen mit den Werthensteinern sind speziell. Oft kommen auch Einheimische zum Gottesdienst, der ja öffentlich ist.
Was bedeutet Ihnen die Wallfahrt persönlich?
Das Runterfahren, die Stille, nichts tun müssen und ganz bei sich sein – das schätze ich sehr. Man fühlt sich danach befreiter und gestärkter.
Früher war ich mit meinem Mann und unseren vier Kindern immer dabei. Mein Mann ist verstorben, aber ich gehe noch heute mit den Kindern. Der Termin der Wallfahrt ist in unserer Familie fest verankert. Der Jüngste ist sogar einmal mit dem Mofa nach Werthenstein gekommen!
Viele Familien aus Oberkirch und Mauensee haben Schweres – Todes- oder Unglücksfälle – erlebt. Solche Traditionen wie die Wallfahrt geben Halt und stärken. Ich bin nicht streng gläubig, aber je älter man wird, desto wichtiger werden solche Rituale. Wir sind eine Gemeinschaft, wir sollen zusammenhalten – und die Wallfahrt ist ein starkes Zeichen dafür.
Wie gelingt es Ihnen, das, was Sie auf der Wallfahrt erfahren, in den Alltag zu «übersetzen»?
Was ich immer kaufe, sind Wallfahrtskerzen. Diese zünde ich immer an, wenn meine Kinder verreisen oder eine Prüfung haben. Diese Tradition kenne ich vor allem von meiner Familie her, ich weiss: Kerzen anzünden hilft. Man muss nach vorne schauen, darf die Hoffnung nie verlieren! Auch meinem Mann bringe ich jeweils eine Wallfahrtskerze aufs Grab, als Erinnerung an unsere Familientradition.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Pfingstwallfahrt nach Werthenstein?
Dass die Wallfahrt weitergeht – und hoffentlich viele jüngere Leute und Familien aus dem Oberkircher- und Mauenseer-Berg diese wunderbare Tradition entdecken. Dafür mache ich gern Werbung. Mir ist wichtig, dass die Tradition am Leben bleibt.
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