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Vom Umgang mit der Macht

tm 07.03.2024

Es begegnen uns verschiedenste Versuchungen: Alkohol, Online-Zeit, Reichtum ... oder auch Macht. Wie also umgehen mit dieser Versuchung. Das haben wir die Stadträtin Jolanda Achermann Sen gefragt.


Auch wenn uns Macht nicht als erstes in den Sinn kommt, hat Macht doch einen grossen Reiz. Mit ihr können unter anderem Gestaltungsmöglichkeiten, Ansehen, aber auch die Stärkung des eigenen Selbstwerts verbunden sein. Sie kann zum Wohle der Gemeinschaft eingesetzt werden oder eher egoistischen Zielen dienen. «Natürlich kann man sagen, es liegt Macht in dem Amt, in das man gewählt wird. Doch das ist eine Sache der Auslegung. Ich finde, es ist wichtig, nach Fähigkeiten zu schauen und zu überlegen, was bringt die Person mit», meint Jolanda Achermann Sen.


«Da geht es um ein gemeinsames Ringen für oder gegen eine Entscheidung.»


Für sie hat das Amt der Stadträtin stets mehr mit Gestaltungsmöglichkeiten als mit Macht zu tun. Um diese Sichtweise fruchtbar zu machen, braucht es von den gewählten Vertreter*innen Einsicht und Bereitschaft, miteinander nach Lösungen zu suchen. «Es kommt darauf an, was die Menschen bewegt, wie stark sie mitgestalten und mitmachen, damit wir bessere Lösungen finden können. Es darf nie Partikularinteressen dienen, von denen nur eine kleine Minderheit profitiert, trotzdem kann es sinnvoll sein, bei kleineren Gruppierungen Fördermassnahmen einzuleiten, die grosse Wirkung erzielen und nachfolgende Verbesserungen bringt. Wir Politiker*innen sollten stets den Fokus auf das Ganze und Übergeordnete haben. Das ist herausfordernd und braucht viel Vernetzung. Als gewählte Person gehört es zu meiner Aufgabe, breit abgestützte Lösungen herzuleiten. Da geht es um ein gemeinsames Ringen für oder gegen eine Entscheidung. Dafür muss man sich selbst etwas zurücknehmen, denn es geht nicht um mich.»


Miteinander unterwegs

Bei einem Blick in die Politik wird sichtbar, dass Menschen in Ämter gewählt werden, von denen die Wähler*innen glauben, dass sie sich mit ihren Überzeugungen und Ideen durchsetzen können. Diese Durchsetzungsfähigkeit wird mit einem ganzen Bündel an Fertigkeiten in Verbindung gebracht: fachliche und soziale Kompetenz, kommunikative Fähigkeiten, Ausstrahlung und Verhandlungsgeschick und das sind sicher nicht alle. «Man ist nicht einfach ab einem bestimmten Tag parat. Es ist ein Reifungsprozess. Ich glaube, dass ich in den Jahren gewachsenen bin», führt Jolanda Achermann Sen aus. «Ausserdem ist man als Politiker*in nicht allein unterwegs, hinter all den Arbeiten steht ein starkes Team, das trägt. Es geht weniger um die Frage: Wie kann ich mich im Moment durchsetzen?» Dabei weiss Jolanda Achermann Sen genau, dass sie bei Budgetverhandlungen überzeugen muss. «Das braucht dann Zeit, gute sachliche Vorbereitung, gute Kommunikation auf Augenhöhe und etwas Taktik», erklärt Jolanda Achermann Sen.

Sich in all den Aufgaben und Anfragen nicht selbst zu verlieren, ist vermutlich gar nicht so einfach. Jolanda Achermann Sen erzählt, dass es zu Beginn ihrer Arbeit als Stadträtin Anfragen gab, die darauf abzielten herauszufinden, wie sie als Amtsperson tickt. «Mir ist es wichtig, dass die Menschen nachvollziehen können, wie es zu einer Entscheidung kam. Und bei Anfragen durch andere Personen muss die getroffene Entscheidung ebenfalls tragen», sagt Jolanda Achermann Sen.

Das Thema Macht ist vermutlich so alt wie die Menschheit. Bereits in der Bibel gibt es dazu Erzählungen. In einer davon wird Jesus die Herrschaft über alle Königreiche angeboten – er lehnte ab.

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