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Asche und Glut

Niklaus Kuster 13.02.2024

Die Asche ist nicht nur Zeichen der Vergänglichkeit, sondern auch der Umkehr. Sie erinnert daran, dem inneren Feuer Sorge zu tragen.

Wo es Feuer gibt, entsteht auch Asche. Bisweilen schützt die Asche die verbleibende Glut. Als ich letzten Sommer mit einer Gruppe zu Fuss nach Assisi pilgerte und wir in den Bergen eine Nacht im Freien verbrachten, sassen die Gefährtinnen abends so lange um das Feuer, dass die Glut am Morgen noch glomm. Es reichte, die Asche wegzublasen und neues Holz anzulegen, um Kaffee kochen zu können. Als ich im Spätherbst im Eremitendorf Camaldoli eine Woche radikaler Stille verbrachte, bestand die erste Arbeit in der Frühe darin, im kleinen Holzofen der Wohnzelle aus der Restglut wieder Feuer zu wecken. Die Erfahrung war mir ein Gleichnis: Trage ich meinem inneren Feuer Sorge?

Asche im Zeichen der Umkehr

Die Asche, die am Aschermittwoch seit 1400 Jahren im Gottesdienst eingesetzt wird, wird gern auf die Vergänglichkeit reduziert: «Gedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst». Biblisch gesehen steht Asche jedoch vielmehr im Zeichen der Besinnung und der Umkehr. Das Buch Jona erzählt, wie der König von Ninive die Missstände in seiner Stadt erkennt: «Er legte seinen Königsmantel ab, hüllte sich in ein Bussgewand und setzte sich in die Asche» (Jona 3). Der sichtbare Akt der Reue führt zu einer inneren Umkehr und einem neuen Verhalten. Dasselbe strebte die Frühe Kirche an, die den Gläubigen mit schwersten Verfehlungen wie Mord, Raub und Ehebruch eine Busszeit auferlegte. Diese kleideten sich am Anfang der Fastenzeit in ein Busskleid und wurden mit Asche bestreut. Seit dem Jahr 1091 ist das Ritual auf ein Aschekreuz beschränkt, das nun aber allen Gläubigen gespendet wird.

Wofür brennen Sie?

Die Verkürzung auf ein Zeichen der Vergänglichkeit blendet etwas Kostbares aus: das Zusammenspiel von Asche und Glut, und von Besinnung und Neuaufbruch. Wofür brennen Sie? Was weckt in Ihnen Leidenschaft? Nähren Sie Ihr inneres Feuer? Wo finden Sie «Holz» dafür? Wo legt sich Asche auf meine innere Glut? Und auch Menschen, die füreinander Feuer und Flamme sind, haben mit Asche umzugehen.

Fasten, Gebet und gute Werke

Die Bergpredigt spricht am Aschermittwoch von drei wichtigen Praktiken, die gerade eine Zeit intensiverer Besinnung prägen wollen: Fasten, Gebet und gute Werke. Fasten ermöglicht eine Reinigung und Entschlackung. Beten möchte die innere Glut entfachen und das neue Feuer zeigt sich im Handeln. Erasmus von Rotterdam hat im letzten Pfarreiblatt in die Fasnacht gesprochen. Eine seiner feurigen Botschaften spricht in die vorösterliche Zeit der Umkehr: Der Humanist fragt einen Ritter im Jahr 1503: «Erscheint es dir richtig, dass dein Nächster hungert, während du auf die Jagd nach Rebhühnern gehst; dass dein Bruder nackt ist und vor Kälte zittert, während deine vielen Kleider von den Motten zerfressen werden? (...) dass kein Christ denke, er sei für sich allein geboren und lebe für sich allein, und dass er alles, was er hat, und alles, was er ist, nicht sich selbst zuspricht, sondern Gott seinem Erschaffer dafür dankt und gesteht und anerkennt, es von ihm erhalten zu haben. Woraus folgt, dass alles Gut allen gehört!»

Niklaus Kuster

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