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Sehnsucht nach dem Licht

Tanja Metz 24.12.2024

Die Advents- und Weihnachtszeit ist seit jeher von Lichtsymbolik geprägt. Hier eine Annäherung anhand von barocken Gemälden, die mit dramatischen Lichtinszenierungen den Glauben visualisieren.

Die Pfarrei St. Georg hat für die Advents- und Weihnachtszeit das Thema Licht gewählt – ein Thema, das diese Zeit seit Jahrhunderten begleitet. Bereits im 17. und 18. Jahrhundert schufen Künstler zahlreiche Gemälde, die die Geburt Christi mit eindrucksvollen Lichtkompositionen darstellten. Ein Beispiel dafür ist Gerrit van Honthorsts Werk Die Anbetung der Hirten, das hier abgebildet ist. Es zeigt staunende Hirten, Maria und Joseph, einen Ochsen – und im Mittelpunkt das Christuskind. Auf den ersten Blick scheint die Szene vertraut. Doch der Eindruck täuscht: So sahen die frühesten Weihnachtsdarstellungen keineswegs aus.

Die ältesten Bildnisse der Geburt Jesu finden sich auf Sarkophagen. Sie beschränkten sich auf das Jesuskind sowie Ochs und Esel. Erst im Laufe der Zeit und je nach Region wurden der Stall, Maria und Joseph, die drei Weisen und die Hirten in die Darstellungen aufgenommen. Mit jeder Veränderung verschoben sich die Schwerpunkte und Aussagen der Bilder.

«Das Christuskind selbst ist die einzige Lichtquelle. Dies lässt sich durchaus auch spirituell deuten» M. Hamann


Bild gewordene Sehnsucht

Im Barock spielte das Licht eine herausragende Rolle als Gestaltungsmittel. Auch Gerrit van Honthorst greift dies in seinem Gemälde auf. Wer genauer hinsieht, erkennt, dass das Christuskind selbst die einzige Lichtquelle ist. Dies lässt sich durchaus auch spirituell deuten, wie der Kunsthistoriker M. Hamann schreibt. Bilder aus dieser Zeit sind geprägt von Dramatik, Dynamik und starken Kontrasten. Sie laden ein, in Bildern zu denken und sich Geschichten auszumalen – ein Wunsch, den die Katholische Kirche jener Zeit gezielt förderte. So forderte Carlo Borromeo, Erzbischof von Mailand, beispielsweise, dass der Kirchenbesuch auch ein Fest für die Augen sein solle. Bilder sollten Gefühle wecken, den Glauben beleben und nach außen sichtbar machen. Die Menschen lebten in einer Welt voller Gegensätze: zwischen Himmel und Hölle, Chaos und Ordnung, Lebenslust und eher asketischer Frömmigkeit. Der Tod war allgegenwärtig. Die Sehnsucht nach einer heilen Welt ohne Hunger, Krankheit und Krieg war wohl unermesslich – und doch oft unerreichbar. Diese Sehnen spiegelt sich auch in van Honthorsts Darstellung: Ein gesundes Kind, muntere Menschen, keine Spur von Krankheit – und ein Licht, das Geborgenheit ausstrahlt.


Passt das noch?

Solche Bilder werden auch heute noch gern genutzt, um von Weihnachten zu erzählen und das Geschehen zu illustrieren. Kein Wunder also, dass viele von uns diese Szenen im Kopf haben, wenn wir an die Weihnachtserzählung denken. Doch passen solche Darstellungen noch in unsere Zeit? Welche Verbindung haben sie zu unserem Leben und unseren Sehnsüchten? Ein Blick auf das Gemälde mit diesen Fragen im Hinterkopf führt vermutlich viele zu dem Schluss, dass es unsere heutige Lebensrealität kaum widerspiegelt. Dennoch spricht uns etwas an – und vielleicht ist es das Licht. Die Sehnsucht nach einem Licht, das die Dunkelheit unserer Zeit vertreibt, wer kennt die nicht?


Bild: Gerrit van Honthorst (1620)

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