Kirche schlägt Brücken
rf 01.02.2024

Der Angriffskrieg auf die Ukraine jährt sich zum zweiten Mal. Wie finden ukrainische Geflüchtete, die noch immer nicht zurückkehren können, Anschluss bei uns? Welche Rolle spielen die Kirchen dabei?
Mit knappem Gepäck, ohne Sprachkenntnisse oder jemanden zu kennen reisten sie in die Schweiz: Viele erinnern sich noch an die Bilder von ukrainischen Flüchtlingsgruppen, die vor zwei Jahren am Zürcher Hauptbahnhof eintrafen. Zu Beginn des Krieges im Frühjahr 2022 kamen die meisten Geflüchteten aus der Ukraine zunächst nach Zürich, von wo aus sie sich in verschiedene Orte der Schweiz verteilten. So auch nach Sursee und Umgebung.
Austausch und Alltagshilfe
Seither treffen sich einige von ihnen regelmässig im «Treffpunkt Ukraine» im Surseer Pfarrhaus. Das Begegnungscafé, das freitagmorgens stattfindet, bietet ukrainischen Flüchtlingen Gelegenheit, Landsleute zu treffen, sich auszutauschen und sich gegenseitig Alltagshilfe zu bieten. Ein Team von Freiwilligen empfängt die Treffbesucherinnen – ist da, hört zu, bereitet Kaffee und ein Znüni vor, beantwortet Fragen, übersetzt und erklärt. Auch Fachpersonen der Sozialen Arbeit der Kirchen schauen immer wieder vorbei, informieren über verschiedene Integrationsangebote und bieten Kurzberatungen an. «Der Treff richtet sich speziell an Menschen aus der Ukraine. Selbstverständlich stehen ihnen aber auch alle unsere anderen Angebote wie der Offene Kleiderschrank oder die Sozialberatung zur Verfügung», sagt Rahel Fässler, Sozialarbeiterin bei der Sozialen Arbeit der Kirchen. Die ökumenische Anlaufstelle für soziale Fragen wird getragen von der katholischen und reformierten Kirche Sursee sowie vom Pastoralraum Region Sursee. Besonders im Bereich der Diakonie arbeiten die beiden Kirchen eng zusammen.
Geflüchtete und Einheimische zusammenbringen
Wo hier in Sursee die Kirchen vor allem praktische Hilfe zur Alltagsbewältigung bieten, haben sich anderenorts Unterstützungsangebote etabliert, die in erster Linie auf die Begegnung mit Einheimischen setzen. So haben in Zürich reformierte Theologiestudierende gemeinsam mit Freiwilligen den Verein «Galaktika» gegründet. Der Verein, der mit dem Innovationskredit der Reformierten Kirche des Kantons Zürich gefördert wurde, bringt Ukrainerinnen und Ukrainer mit gleichaltrigen Einheimischen zusammen. Neben Begegnungsabenden, Lager für Jugendliche und Ausflüge bietet «Galaktika» auch regelmässig Gottesdienste an; – ein Angebot, das beliebt ist. Die Feiern – abgehalten in deutscher, ukrainischer und russischer Sprache – enthalten Elemente aus reformierter wie orthodoxer Tradition. Was diese Gottesdienste, in denen Ikonen und Kerzen genauso vorkommen wie Textauslegung und gemeinsame Gebete, den Menschen aus der Ukraine bedeuten, weiss Anna Hemme-Unger, Initiantin von «Galaktika»: «Für die Menschen sind unsere Gottesdienste mit Integration verbunden: Einerseits entdecken sie, dass Kirche auch anders, nämlich partizipativ, funktionieren kann. Das freie Predigen oder auch das aktive Mitwirken in der Feier kennen sie in ihrer Tradition zum Beispiel nicht. Zudem gibt ihnen ihre Mithilfe bei der Gottesdienstvorbereitung das Gefühl, dass sie mitgestalten und sich beteiligen dürfen – eine Erfahrung, die sie sehr schätzen. Nach den Gottesdiensten sitzen wir jeweils noch zusammen und tauschen uns aus. Dieser Raum, in dem Sorgen und Ängste ihren Platz bekommen, ist wichtig.» Hemme-Unger steht mit Ukrainerinnen und Ukrainern in ständigem Kontakt. Die Rückmeldungen, die sie zu den Gottesdiensten erhält, fallen positiv aus. Die Theologin sieht dieses Angebot als wichtigen Beitrag, den die Kirche leistet: «Das Mitfeiern bei uns ist für manche zunächst ein Kulturschock, aber auch eine Erfahrung, die viel mit Freiheit, Erleichterung und Entfaltung zu tun hat. Und das sind Aspekte, die auch in die Integration einfliessen.»
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