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Auch das Bodenlose hat Platz

tm 03.10.2023

Das Trauercafé bietet der Trauer einen Raum. Es lädt zum Austausch ein und wandelt sich mit den Teilnehmenden und ihren Bedürfnissen. Davon erzählt Matthias Kissling im Interview.

Warum braucht es ein Angebot für Trauernde?

Trauernde sind sehr verschieden. Trauernde können Menschen sein, die jemanden verloren haben. Dann ist es offensichtlich. Vielleicht haben es diese Personen sogar einfacher, darüber zu sprechen. Doch es gibt auch Trauernde, die mit etwas alleine sind, die um etwas trauern, das sie enorm beschäftigt und auch herunterzieht. Trauer lässt sich nicht an einem Ereignis dingfest machen. Sie liegt oft nicht nur in einem Ereignis. Es gab auch bisher im Trauercafé Episoden, wo ganz andere lebensgeschichtliche Dinge Thema wurden. Daher denke ich, man sollte das Feld etwas öffnen. Es wäre schön, wenn wir auch für Menschen da sein könnten, die nicht aus den offensichtlich einsehbaren Gründen trauern.


Trauer verbindet man allgemein gerne mit Schwere. Wie ist die Stimmung bei den Treffen?

Die Stimmung ist sehr vielfältig. Ich habe dabei gelernt: Jemand, der traurig ist, ist nicht einfach traurig. Er ist nicht in der Trauer gefangen. Als ich das Trauercafé übernahm, war ich erstaunt, wie lebensfroh und fröhlich das Gespräch auch sein kann. Man muss einfach wissen, dass da etwas ist, das hervorbrechen kann. Es gibt Episoden, die hervorkommen: das Bodenlose, das die Menschen in der Trauer auch haben, das Unverständnis, der Umgang mit etwas, das nicht sein sollte. Man nimmt wahr: Die anderen ringen auch, ich bin nicht allein.


Das Trauercafé gibt es seit einigen Jahren. Wie sieht die Entwicklung des Trauercafés aus?

Die Menschen, die ich bisher im Trauercafé erlebt habe, verarbeiten meist über das Reden. Ich denke, es wäre sinnvoll, künftig auch Leute anzusprechen, die weniger über die Sprache ausdrücken und verarbeiten. Für diese Menschen kann das gemeinsame handwerkliche Tun eine Möglichkeit des Austausches sein: sich im Tun anschauen, Gesprächsfetzen liegen lassen, die von anderen aufgenommen werden – oder auch nicht. Das ist eine ganz andere Form der Kommunikation. Gemeinsam als Gruppe sind wir daran etwas aufzuziehen, bei dem man mitmachen kann. Die Idee ist, dass man ganz niederschwellig dabei sein kann. Es braucht keine Vorkenntnisse und es gibt keine Verpflichtungen. Daran arbeiten wir gerade. Die Idee ist, dass wir gemeinsam mit zwei, drei Leuten einmal im Monat ein Koch-Happening anbieten. Jemand bringt das Rezept und die anderen helfen mit. Noch kann ich nicht sehr viel darüber sagen, denn die Idee ist in Bearbeitung.


Für wen kann das Angebot das Richtige sein?

Für alle, die sich angesprochen fühlen. Für jeden und jede, der oder die das Gefühl hat: da ist etwas, das traurig macht.



Nächste Termine für das Trauercafé
Dienstag, 7. November, 19.00 Uhr, Pfarrhaus Sursee
Dienstag, 5. Dezember, 19.00 Uhr, Pfarrhaus Sursee


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